„Das Lied von Bernadette“

13. Februar 1979, Loreto

16. März 1979, Vachendorf

Am letzten Fatima-Tag, dem 13. Jänner dieses Jahres, sprach ich über das schönste Marienlied, über jenes Lied, das Maria selbst nicht über sich, sondern über Gott, seine Größe, seine Güte gedichtet hat: das Magnificat! Und ich meinte, es wäre sinnvoll und schön, wenn nicht bloß die Priester und Ordensleute in der tägl. Vesper sondern auch die marienliebenden gläubigen Christen dieses Lied jeden Tag beten oder singen würden, weil es nicht bloß von Maria selber stammt, sondern auch so inhaltsreich und aktuell ist in seinen drei Strophen.

Heute soll das Thema der Predigt nochmals ein Lied sein, nämlich „das Lied von Bernadette“. Am 11. Februar feierte die Kirche nämlich das Fest der Erscheinung Mariens in Lourdes und in wenigen Wochen begeht die Kirche den 100. Sterbetag der hl. Bernadette, der Seherin von Lourdes. So ist es sicher berechtigt, an diesem 13. Februar daran zu erinnern.

„Das Lied von Bernadette“ ist bekanntlich ein Buch- und Filmtitel. Der Verfasser des Buches war der österreichische jüdische Dichter Franz Werfel. Er hat „das Lied von Bernadette“ auf Grund eines Gelübdes und aus Dankbarkeit geschrieben, weil es ihm, dem Juden, damals als den Juden in den Ländern Mitteleuropas das „Holocaust“, das Ganz- und Brandopfer der totalen Vernichtung in den Konzentrationslagern vor allem in dem von Auschwitz, abverlangt wurde und Millionen Juden um ihr Leben kamen, dennoch fast auf wunderbare Weise gelungen war, vor den nationalsozialistischen Häschern zu fliehen und noch Lourdes zu erreichen. In den Wochen seines Aufenthaltes in Lourdes vertiefte sich Franz Werfel, bevor er seine Flucht weiter nach Amerika fortsetzen musste, in die Ereignisse des Jahres 1858. Er wurde – obwohl er Jude und kein Christ war – vom Bericht über die Erscheinungen Mariens vor Bernadette tief ergriffen und schrieb dann – freilich in dichterischer Freiheit und bisweilen allzu romanhaft die Geschichte Bernadettes von ihrer Geburt im Jahre 1844 bis zu den Marien-Ereignissen des Jahres 1858.

„Das Lied von Bernadette“, es ist das dankbare Loblied auf das wunderbare Eingreifen Gottes in jenen 18 Marienerscheinungen vom 11. Februar bis 16. Juli 1858, „das Lied von Bernadette“ ist aber auch ein ergreifendes Loblied auf jenes 14jährige, asthmakranke, durch verschiedene Krankheiten in der Schulbildung weit zurückgebliebene Töchterlein des herabgekommenen, abgehausten Müllers Franz Soubirous. Bernadette durfte dann das Loblied auf jene wunderschöne Frau, die sie 18mal schauen durfte, fortsetzen in ihrem weiteren opfervollen Leben, das reich war an Krankheit, Verkennung und Leid, bis es dann am 16. April 1879, also vor 100 Jahren zu Ende gesungen war, da sie eingehen durfte in das jenseitige, ewige Glück, das ihr Maria versprochen hatte mit den Worten: „Ich will dich glücklich machen, aber nicht in dieser Welt, sondern in der anderen!“

Die Geschichte der 18 Escheinungen Mariens vor Bernadette ist ja bekannt: Zum ersten Mal erschien Maria an jenem eiskalten 11. Februar 1858, als Bernadette an den Ufern des Gaveflusses mit anderen Kindern auf der Suche nach angeschwemmtem Brennholz war und gerade fröstelnd ihre Schuhe und Strümpfe auszog, um durch das eiskalte Wasser zu waten.

Die erschienene Dame forderte Bernadette zum Beten des Rosenkranzes auf, dann bei den nächsten Erscheinungen zu Werken der Buße und zum Gebet für die Bekehrung der Sünder, schließlich verlangte sie, dass zu ihrer Ehre am Ort der Erscheinung eine Kapelle erbaut werde und dass in Prozessionen hin gepilgert werden solle; auch bekam Bernadette den Auftrag, mit ihren Händen in der Erde ein Loch zu graben, aus welchem dann eine Quelle entsprang, deren Wasser wunderbare Krankenheilungen bewirkte und immer noch bewirkt. Nach ihrem Namen befragt, offenbarte die erschienene Dame zuletzt der kleinen Bernadette: „Ich bin die Unbefleckte Empfängnis!

Bernadette musste ob der großen, ihr zuteilgewordenen Gnaden viele Verkennungen und Anfeindungen erleiden, sie wurde polizeilichen Verhören unterzogen, sie sollte sogar ins Irrenhaus gesperrt werden, sie musste sich einer bischöflichen Untersuchungskommission stellen, von der sie vier Jahre lang aufs Strengste geprüft wurde, bevor die Kirche dem Mädchen Glauben schenkte. Zeitlebens war Bernadette dabei eine Kranke, die schon als Kind schwer an Asthma litt.

Ihr Los in dieser Welt war, wie es ihr die Gottesmutter gesagt hatte, Armut, Krankheit und Leid, selbst dann noch, als sie auf Wunsch des Bischofs in das Kloster der Caritas- und Schulschwestern von Saint Gildard in Nevers eingetreten war. Auch hier hatte sie Verdemütigungen und Verkennungen aller Art zu erdulden. Man schob ihre Profess immer wieder hinaus, um die „Seherin von Lourdes“, wie man sagte, vor Hochmut zu bewahren. Erst als Bernadettes Krankheit eine lebensbedrohende Wendung nahm, konnte man ihr die Gelübdeablegung nicht mehr verweigern. Von Atemnot und Herzbeklemmungen gequält, erlag die erst 35jährige am 16. April 1879 ihrem Leiden. Vor ihrem Ende, noch einmal nach ihrer Geschichte befragt sagte sie: „Schauen Sie, meine Geschichte ist ganz einfach: Ich habe der seligsten Jungfrau als Besen dienen dürfen. Und als sie mich nicht mehr brauchte, hat man den Besen an seinen Platz hinter die Tür gestellt, in die Ecke. Da ist mein Platz, da bleibe ich!“

30 Jahre nach ihrem Tod, als man anlässlich des Seligsprechungsprozesses das Grab Bernadettes öffnete, fand man ihren Leichnam ohne die geringste Spur der Verwesung, während das Leichentuch vermodert und das Sterbekreuz in ihren Händen verrostet war. So wie sie damals lag, ruht nun die von Papst Pius XI. 1933 heiliggesprochene Bernadette Soubirous heute in einem Sarg aus Gold und Kristall in der Klosterkapelle zu Nevers in ihrer schwarzen Ordenstracht, das Haupt etwas geneigt, die Hände über dem Herzen gefaltet.